„Autsch!“
Was ich mir von anderen Hundebesitzern alles anhören musste. Leinenaggression ein großes Thema meiner Hündin Nala. Die Klugscheißer auf den Gassirunden ein echter Nervfaktor.

„Na, da ist aber was nicht richtig gelaufen.“ „Das ist kein normales Verhalten, gehen sie mal in eine Hundeschule.“ „Die müssen aber schnüffeln.“

Nala – mein Yoda-Hund

Was man sich alles über die Jahre mit einem Hund anhören muss, der zu Leinenaggression neigt. Ätzend!

Nala ist ein deutscher Schäferhund, kleiner Münsterländer Mix. Sie war schon 4,5 Monate als ihre Pfoten mein Haus das erste Mal betraten. Ihr ganzes Potential an Verhaltensauffälligkeiten zeigte sie nach und nach.

Jetzt mag ich aber nur die Leinenaggression rausnehmen. Das war eine riesige Baustelle, die uns über Jahre begleitete. Als Hundetrainer einen Hund mit so einem Problem zu bekommen war ein Geschenk – als Hundehalter der ich zu Anfagn noch war ein Alptraum.

Nalas Leinenaggression gegen anderen Hunde war so ausgeprägt, dass die Sichtung auf 100m ausreichte um erste Reaktionen hervorzurufen.
Sie war so gefrustet und wütend, wenn andere Hunde zu nah waren, dass sie auch nach mir schnappte. Andere lassen sich die Pfoten von ihrem Hund tätowieren, ich habe ihren Zahnabdruck als ewige Erinnerung in der Wade.

Woher kommt Leinenaggression und wie entsteht sie?

Für das Training sind die Infos gar nicht entscheidend. Da wir Menschen aber gern in der Tiefe verstehen wollen, erzähle ich dir Nalas Geschichte.

Nala kommt aus schlechter Haltung. Aufgewachsen in einem Zwinger mit 15 Geschwistern – ohne das sich Menschen für sie interessiert haben. Futter war vermutlich nicht reichlich da, aber eine Menge Konkurrenz. Zudem war Nala eine zarte Püppi und nicht die Größte.

Faktor #1

Die ersten 4,5 Monate ihres Lebens war Nala also in einem Rudel wo nur die Mama für Ordnung gesorgt hat in einer sonst unmöglichen Situation.

Irgendwie nachzuvollziehen, dass man andere Hunde – egal ob Geschwister – als eher nervig und unerfreulich abspeichert.

Als die Püppi zu mir kam, musste sie vorher meinen Rüden Maci kennenlernen. Das war super unkompliziert, weil sich beide mit dem Ar… nicht angeschaut haben. Nala fand es super, dass Maci sie nicht sonderlich spannend fand. Maci fand es super, dass ein Welpe ihn nicht umrannte.

Also zog Nala ein.

Damals stand ich vor der Entscheidung eine Hundetrainer Ausbildung zu machen. War aber noch nicht gestartet.

Die Methode der Hundeschulen und Hundevereine in Leipzig und Umgebung beschleunigten den Beschluss.

Faktor #2

In der Welpenstunde wurde gespielt, wie so oft in Hundeschulen. Leider nicht im Sinne der Hunde, wie so oft in Welpenstunden.

Nala war ganz nah bei mir und fand das eher bescheiden. Sie taute auf, als wir üben durften – ich war für sie mehr als genug. Sie brauchte und wollte die Anderen nicht.

Nach wenigen Welpenstunde fing Nala an andere Hunde anzubellen, wenn wir auf dem Weg zum Trainingsplatz waren.

Ein Tag kam eine Trainerin vorbei und fragte ob sie kurz die Leine haben könnte. Dusselig vertrauensselig wie ich war, gab ich sie ihr. Ruck! Die kleine Nala wurde ruckartig an der Leine mit Halsband zurückgerissen.

Mein Bauch grummelte. Das war falsch!

Ich war ab sofort nicht mehr in der Welpenstunde.

Faktor #3

Auf den Hunderunden waren wir nicht vom Glück verfolgt.

Andere Hunde rannten auf uns zu. Nala vor lauter Angst vor ihnen weg – sie wurde gejagt.
Die anderen Hundehalter konnten ihre Hunde nicht sicher abrufen.

Nala, Maci und ich zogen uns lieber ein Stück aufs Feld zurück, wenn andere Hunde kamen.
Auch da waren wir nicht sicher „die wollen nur spielen“ und schon schoßen zwei Ridgebacks auf Junghund Nala und Maci (7,5kg) zu. Herrlich! Das braucht man.

Diese drei Faktoren haben Nala gereicht und sie hat ihre Schlüße daraus gezogen.

Nala hat bestätigt bekommen, das andere Hunde ein Problem sind. Sie hat auch gelernt, dass weglaufen nichts bringt.
Also Plan B – ich gehe nach vorn. Und siehe da, das funktioniert. Beim Anblick eines kohlrabenschwarzen an der Leine tobenden Hundes halten Menschen Abstand und die meisten Hunde auch. So einfach ist das also.

Nala kam als unsicherer Hund zu mir, der vom Charakter kein Hund ist, der gesteigerten Wert auf die Anwesenheit von Artgenossen legte.
Dann machte ich alles falsch was man falsch machen konnte. Inklusive den falschen Hundetrainern vertrauen.

Vertrauen – das Wichtigste zwischen Hund und Mensch

An dem Verhalten wollte ich etwas ändern. Wollte entspannt spazieren gehen und nicht Angst vor jeder Hundebegegnung haben.

Das Wichtigste zuerst: Vertrauen.

Inzwischen war ich in der Hundetrainerausbildung und verstand immer mehr. Nala war mein Yoda Hund. Menschen doof. Andere Hunde doof. Geräusch doof. Jagdtrieb ohne Ende. Energie für 2 Border Collies. Ein Traumhund – für eine angehende Hundetrainerin. 😉

Bevor ich ernsthaft am Verhalten gefeilt habe, war es mir viel wichtiger, dass Nala mir vertraute.

Sie sollte zu mir kommen, wenn sie unsicher war.
Mein Plan ging auf!
Ein lauter Knall, Nala kam zu mir gerannt. Ein freilaufender Hund lief auf Nala zu, Nala kam zu mir. Etwas im Haus ängstige sie, Nala kam zu mir.

Auf der Hunderunde hatte ich jetzt weniger Freunde. Denn konsequent beschütze ich Nala vor Mensch und Hund.
„Sie sind aber unhöflich.“ Ein toller Satz den ich kassierte, als ich mit Nachdruck einem Halter sagte er möge seinen Hund von uns fernhalten. War ich halt unhöflichl. Bei Nala konnte ich punkten, als „Löwenmama“.

Mit meinen Verhaltensweisen konnte ich ihr zeigen, dass ich sie verstanden hatte. Das ich akzeptierte, dass sie nicht der Hunde-Hund ist. Das ich sie unter allen Umständen beschützen würde.

Kurz sie konnte sich in jeder Situation auf mich verlassen.

Geduld – eine Eigenschaft die ich erst durch die Leinenaggression lernte

Ich war nicht darauf aus Nalas Verhalten abzustellen. Mein Ziel war es ihre Gefühle in der Tiefe zu ändern. Das Verhalten verschwindet als Nebenwirkung.

Der Vorteil? Nala ist meine beste Freundin. Und ich weiß, dass sie nicht nur aus Angst vor der Konsequenz ihr Verhalten reguliert, sondern weil sie sich wirklich anders fühlt.

Hunde wollen uns nicht ärgern. Hunden ist es auch piepegal was dein Nachbar über dich denkt, wenn er an der Leine randaliert.

Er hat in der Situation Stress, aus welchen Gründen auch immer.

Stell dir vor du bist in einer Situation die dir Angst macht. Als Kind zum Beispiel, weil es dunkel war und du das Monster unter dem Bett gefürchtet hast, saßt du weinend auf dem Bett.

Wie effektiv wäre es gewesen, wenn jetzt Mama reinkommt und dich massregelt – mit Worte und körperlich – um dich zur Ruhe zu bringen. Dir sagt, dass es gar keine Grund gäbe so ein Theater zu machen.

In deiner Realität gab es einen Grund.

Wenn das immer wieder geschieht, weinst du nicht mehr. Du leidest jetzt leise vor dich hin. Geht es dir besser? Ist die Angst weg? Wohl kaum. Wie ist das Verhältnis zu deiner Mutter?

Nichts anderes geschieht, wenn wir mit Leinenruck, anschreien, Wasserpistolen, Schüttelbechern und was auch immer auf den Hund einwirken. Für ihn ist die Situation echt. Es mag albern sein, wenn der Hund an der Leine wegen einem Zwerg ausrastet. Aus seiner Sicht ist es ernst.

Leinenaggression ist nicht immer Angst, jedoch immer Unsicherheit. Ein souveräner Hund ist nicht gestresst.

Frust ist ein weiterer großer Faktor für das Pöbeln an der Leine beim Hund.

Die ersten Schritte in Kürze:

  1. Du erarbeitest dir das Vertrauen deines Hundes.
  2. Du akzeptierst, dass es deinem Hund nicht gut geht.
  3. Du beschließt etwas an den auslösenden Gefühlen zu ändern, nicht am Verhalten.

Kommunikation – dein Hund sollte dich verstehen

Ich stelle es mir als Hund in der Menschenwelt vor, als würde ich über Japan abgeworfen werden und niemand spricht Englisch. Ich höre viele Wörter und die ganze Zeit redet jemand mir mir. Den Sinn versuche ich zu erahnen.

Wie hilfreich wäre es jetzt, ein Signal zu haben über das wir zuverlässig kommunizieren können?

Ein Signal was mir sagt, ich bin auf dem richtigen Weg.

Im Hundetraining ist das ein Markerwort. Der Hund bekommt beigebracht, dass dieses Signal immer bedeutet er hat etwas toll gemacht.

So einfach kann es sein.

Klar versteht, dein Hund viel mehr. Mit der Zeit, weiß er bevor du überhaupt wach bist, ob du gute oder schlechte Laune hast.

Doch das Markersignal ist ein Gamechanger im Training. Schnell, präzise und wenn man es mal falsch einsetzt passiert: nichts.

Jetzt hast du also auch noch zuverlässig die Möglichkeit deinem Hund mitzuteilen, dass du gerade vor stolz platzt, weil er gerade den Labbi Kalli gesehen und nicht direkt los gebellt hat.

Nice!

Werkzeugkoffer – gegen Leinenaggression helfen verschiedene Tools

Auf dem Weg die Leinenaggression los zu werden, lohnt es sich den Werkzeugkoffer mit einigen Tools zu füllen.

Ein Notfallsignal, wo du gemeinsam mit deinem Hund aus einer Situation flüchten kannst, weil es vielleicht zu eng ist.

Ein Abbruchsignal, womit du deinen Hund wieder einfangen kannst, wenn er schon losgelegt hat.

Ein Alternativverhalten. Denk jetzt nicht an Schockoladeneis funktioniert einfach nicht. Denk stattdessen an Kekse, besser oder? Also präsentiere deinem Hund eine alternative Aufgabe.

Die Geschichte eines Trainerhundes – Nala aka Flitzefell

Ganz transparent möchte ich dir von Nalas Training erzählen. Ich durfte mit ihr lernen, als Mensch und Hundetrainer wachsen.

Auch mir fiel die Geduld nicht immer leicht. Was gestern so gut lief, war heute wieder Mist. Die mitleidigen oder arroganten Blicke (habe ich das nur so gedeutet?) der anderen ließen mich nicht immer kalt. Kein Weg ist glatt und gerade.

Als ich mir Nalas Vertrauen erarbeitete hatte wurde einiges leichter. Im Freilauf konnten wir problemlos Bögen um die anderen gehen.

Dazu darf man wissen, dass Nala ein Arbeitshund ist. Sie will lernen und sie will auch mit ihrem Menschen – mir ❤️ – etwas Tolles erleben.

An der Leine arbeiteten wir uns Schritt für Schritt heran. Ich lernte ihre Distanzen und wir konnten diese nach und nach verkürzen.
Sah ich einen Hund vor Nala machte ich sie auf ihn aufmerksam, damit verhinderte ich, dass Nala sich erschrak.

Ich nutzte Hunde die souverän sind und die passenden Menschen an der Leine führten um Nala Erfolgserlebnisse zu bescheren.

Hat(te) meine MausMaus ausreichend Zeit, ist auch ein Kontakt an der Leine oder das sehr nahe vorbeigehen möglich.

Meist sind Hundebegegnungen hektisch. Hasso kommt mir straffer Leine und Herrchen im Schlepptau angeschossen und will nur mal eben Hallo sagen.

Renne ich mir Volldampf auf einen fremden Menschen auf der Straße zu um kurz vor ihm zu bremsen, habe ich danach eventuell eine neue Augenfarbe.

Warum sollten Hunde sowas also geil finden?

Beobachte das mal im im Freilauf. Die Hunde gehen meist einen Bogen aufeinander zu und verlangsamen den Schritt. (Hast du einen Labrador kennst du das wahrscheinlich nicht. 😄)

So arbeiteten wir uns näher an andere Hunde heran.
Blieben lange Zeit auf dem Niveau andere Straßenseite stehen – wir kamen von 100m – also definitiv ein Erfolg. Hunde die sie einmal abgespeichert hatte, waren kein Thema mehr.
Ich sagte ihr immer, wer da auf uns zukommt. Klappte super.

Diese Distanz weiter zu unterschreiten war eine echte Herausforderung.

Dabei sei erwähnt, dass Nala auf all meinen Praxisseminaren für die Ausbildung als Hundetrainer und auch bei K9 dabei war. Hatte sie an ihrem Tisch ihre Ruhe, war ihr der Rest reichlich egal.
Immer entscheidend war die Zeit, die sie hatte um sich in die Situation zu finden.

Einzig, wenn ein Hund unruhig wurde und Nala schlafen wollte, gab es eine: „Alter, halt die Klappe!“ Ansage. Die Queen hat gesprochen.

Nala hat eine hohe Sozialkompetenz, welche sie allerdings erst in Notsituationen auspackt. Davon hatten wir in 14,5 Jahren drei Stück.
In diesen Situation hat sie mich so schwer beeindruckt – dazu schreibe ich ein anderes Mal mehr.

Wir änderten die Taktik von „gehen Runden mit wenig Hunden“ zu „wir suchen Hunde als Trainingspartner“. Natürlich immer so, dass wir die Kontrolle über die Distanz hatten.

Es wirkte. Nein, Nala war an der Stelle noch nicht der Hund der problemlos auf der gleichen Straßenseite eng an einem anderen Hund vorbeigehen konnte.
Mit einem Straßenseitenwechsel konnte ich leben.

Erst vor ein-zwei Jahren lernte ich neue Werkzeuge kennen. Wie immer musste Nala als Übungspartner antreten.

Wir knackten die letzten Meter. Gleiche Straßenseite vermeiden wir, aber wenn es doch mal so sein sollte, geht es in der Regel gut.

Der Feinschliff war energetische Arbeit. Der Emotion Code, den ich für meine Arbeit mit Menschen erlernte und/ oder die Tierkommunikation brachten uns den letzten Erfolg.
Was von beidem schließlich half, kann ich nur Mutmaßen. Da tippe ich auf die Tierkommunikation.

Jetzt sind wir die „Guten“ im Dorf. Die erlernte Aggression ist weg und die unsichere, ursprüngliche Nala hat sich wieder gezeigt.
Das konnte sie tun, weil sie das Vertrauen in mich hat, dass ich für sie da bin.

Das bin ich! Uneingeschränkt.


Ich wollte dir mir unserer Geschichte etwas Verständnis für deinen Hund mit auf den Weg geben. Gib nicht auf. Erarbeite dir das Vertrauen. Ändere die Grundgefühle deines Hundes. Pack die passenden Tools für das Training ein und gehe mit Geduld an die Arbeit.

Falls du auf dem Weg Unterstützung suchst, melde dich einfach bei mir.
Gerade die erste Session via Zoom gehabt, auch das funktioniert super!